· 

Wenn das Pferd "Nein!" sagt

„Das Pferd funktioniert nicht!“ – „Die (Stute) verarscht dich nur!“ „...“ – „…“

 

Immer wieder höre ich, dass ein Pferd "nicht funktioniert". Eine sehr objektifizierende Formulierung für ein Lebewesen mit Persönlichkeit. Ein Lebewesen, das Gefühle hat und über eine meisterhafte Kommunikation verfügt, die der Mensch manchmal nicht versteht. Das was so oft als "nicht funktionieren" deklariert wird, ist mitunter die Spitze aller vorangegangenen gescheiterten Kommunikationsversuche seitens des Pferdes. Wie soll ein Pferd ausdrücken, dass der Sattel nicht passt? Wie soll es zeigen, dass es überfordert, gelangweilt, gestresst,... ist?

 

Manchmal äußert der Vierbeiner durch das so genannte „nicht Funktionieren“ einfach auch, dass er für die Ideen des Zweibeiners nichts übrig hat. Streng genommen ist das meiner Meinung auch nicht verwerflich. Das Pferd hat nicht gebeten, geritten zu werden. Es hat nicht drum gebeten, als Lauftier 22 Stunden in der Box zu stehen, während der Mensch im Freibad sitzt und seinen Cocktail genießt. Wenn unser Pferd uns durch Wald und Flur trägt, über Hindernisse für uns springt oder einfach jeden Stallwechsel über sich ergehen lässt, der für ein Herdentier Stress bedeutet, können wir mehr als dankbar sein.

 

Warum fällt es dann schwer ein "Nein" zu akzeptieren? Kindern wird gesagt – zugegeben nicht immer von den Eltern :-) - dass "Nein" ein sehr wichtiges Wort ist und es ausgesprochen und auch gemeint werden darf. Gilt das Recht auf ein „Nein“ nur für Menschen oder für alle Lebewesen im Gesamten?

 

Kann das „Nein“ des Pferdes nicht toleriert werden, weil…

 

-       die Stallmiete ziemlich hoch ist und dann mein Pferd bitte auch eine Gegenleistung erbringen kann?

-       sonst alle denken, ich habe mein Pferd nicht im Griff?

-       ein „Nein“ verdammt weh tut?

-       ich mir kein „Nein“ erlaube und deswegen auch meinem Pferd diese Möglichkeit nicht einräume?

-       ….

 

Eine Frage, die jeder Mensch wohl nur für sich selbst beantworten kann.

 

Festzuhalten bleibt, dass wir es mit emotionalen Individuen zu tun haben, von denen wir viel lernen können. Letztendlich ist es ein Gewinn, wenn Pferde sagen "es reicht", weil wir Menschen dann (endlich) zum Reflektieren und somit zum Lernen kommen (sollten). Für jede Verweigerung gibt es immer einen (sehr triftigen) Grund. Ein "Nein" des Pferdes lehrt uns gemeinsam Kompromisse zu finden, unsere Arbeit, resp. unser Verhalten oder unsere Methode zu überdenken. Etwas sehr Wertvolles, finde ich.

 

Seien wir unseren Pferden doch der Freund, den wir uns wünschen. Love wins! <3

 

Eure Susanne